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Ulrich Wehpke GmbH
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Memory - Flexmetalle
Text: Ulrich Wehpke Wohl jeder kennt sie, die Flexfassungen. Leicht, Zunächst aber, was ist das eigentlich, Flexmetall? Hierbei handelt es sich um die Kurzform der eingetragenen Warenzeichen TITANFLEX® oder EUROFLEX einer chem. Verbindung der beiden Hauptkomponenten Nickel und Titanium. Hierzu kommen mitunter, je nachdem welche Eigenschaften gewünscht werden, die unterschiedlichsten Zusätze, wie z.B. Cu, Hf, Pd oder Nb. Es gibt aber noch andere Hersteller dieses Materials, z.B. AUTOFLEX ® oder NITINOL ®. Flexmetalle gehören zu den so genannten Memory - Metallen. Sie bestehen nicht immer aus Titanium und Nickel, es gibt neuerdings auch eine hocheffiziente Gruppe auf Eisen - Basis, z.B. Eisen-Mangan-Silizium., die allerdings als Material für Brillenfassungen keine Rolle spielt. Zu den Formgedächtnislegierungen gehören z.B. weiterhin auch Kupfer-Zink-Aluminium, oder Gold-Cadmium. Bei diesem Material tritt der sogen. SHAPE - MEMORY EFFEKT auf, der dieser Metallgruppe ihren Namen gab: Memorymetalle, oder Formgedächtnislegierungen, oder auch kurz FGL. Sie können sich unter bestimmten Umständen nach einer erfolgten Verformung, an ihre urspüngliche Form erinnern und diese wieder einnehmen. Sie finden heute im techn. Bereich vielfältige Anwendung: Aus ihnen fertigt man Hochleistungs - Ventilfedern für Automotoren, wartungsfreie Mikroantriebe, Inplantate für die Gefäß -u. Herzchirugie, hochelastische Sonden, sogen. Fangkörbe für die Entfernung von Gallen - oder Nierensteinen, die Sonnensegel der Satelliten werden mit ihnen entfaltet, und man findet sie in Brillenfassungen, um nur einige Anwendungsgebiete zu nennen. Die einzigartige Eigenschaft dieser Werkstoffe, basiert auf einer Phasenumwandlung. Sie ist abhängig von der mechanischen Beanspruchung und derTemperatur. Der Grundzustand des Kristallgefüges des Materials ist der sogen. Zwillingsmartensit, genannt nach seinem Entdecker A. Martens. In diesem Zustand ist das Material mechanisch leicht verformbar und behält seine Form auch bei, d.h. es federt nicht zurück. Beobachten kann man diese Erscheinung, wenn man eine Flexbrille auf tiefe Minustemperaturen (Tiefkühlfach) abkühlt, oder etwa im arktischen Winter trägt: Das Material ist nicht mehr in der Lage sein eigenes Gewicht zu tragen, es verformt sich bei der geringsten Beanspruchung und verhält sich ähnlich, als wäre die Fassung aus Blei gefertigt worden. (Dieser "labberige" Zustand verschwindet wieder völlig mit Erreichen der Austenitphase, also im höheren Temperaturbereich.) Bei steigender Temperatur "klappt das Gefüge um" und liegt nun in normalem Martensit vor. Bei Erreichen der Finish - Temperatur, klappt das Gefüge noch einmal um, es tritt der Austenit ein. Jetzt liegen die vorher kubisch - flächenzentrierten Kristallite in veränderter Form vor (Hexagonal, Beta - Zustand). Mechanische Verformungen, welche im Zwillingsmartensit vorgenommen wurden, werden aufgrund der räumlich identischen Austenitphase wieder eingenommen (Memoryeffekt). Alpha - und Betazustand haben völlig unterschiedliche physikalische Eigenschaften. Es ist eine Eigenschaft dieser Werkstoffe, "daß sie bestrebt sind, Veränderungen am Kristallgefüge die durch mechanische Belastung entstanden sind, wieder rückgängig zu machen", also ihre ursprüngliche Position wieder einzunehmen. So entsteht die überaus hohe Elastizität. Darüber hinaus werden bei der Phasenumwandlung aber auch Kräfte frei. So entwickelt eine auf eine bestimmte Länge eingestellte, und anschließend verformte Spirale beim Erreichen der Umwandlungs - Temperatur beachtliche Kräfte. Sie "will" mit aller Gewalt in ihren ursprünglichen Zustand zurück. Umgekehrt funktioniert das auch. So kann man beispielsweise mit einer entsprechend eingestellten Feder, bei Erwärmung ein Ausdehnen, bei Abkühlung ein Zusammenziehen erreichen. Bis zu 1000 Watt ( ca. 1,35 PS) lassen sich auf diese Weise erzeugen! Bei den Titan - Memorymetallen ist für die Verwendung für Brillenfassungen aussliesslich der Beta - Breich, also die Austenit-Phase interessant. Durch die verblüffenden Federeigenschaften des Materials, erhalten diese Fassungen geradezu eine Spielzeugkomponente. Knoten rein, Knoten raus, usw... Aber Vorsicht, allzu starkes Verformen, rächt sich schnell! Zwar ist die Dehnfähigkeit enorm, über 8,5%(!), jedoch unterliegt das Material bei Überbeanspruchung einem raschen Alterungsprozess, der sich irgendwann mit einem deutlichen "Knack" Luft verschafft. Hier ist nun guter Rat teuer. NiTi- Materialien lassen sich nämlich nicht einfach löten! Zum Einen geht bei der thermischen Beanspruchung die Konditionierung de Werkstoffes verloren, zum Anderen nimmt dieser kein Lot an, da TiNi- Werkstoffe, genau wie reines Titanium mit normalen Mitteln nicht lötbar sind. Eine Hilfe bietet hier ein guter Reparaturdienst - vorausgesetzt, dieser hat sich mit der Materie gründlich befasst -, der die alte Elastizität der Fassung zwar nicht wieder herbeizaubern kann, jedoch die normale Verwendbarkeit 100%-tig wieder ermöglichlt. Die Gefahr hierbei ist jedoch die, daß das Material durch evtl. erfolgte Dauerüberlastung auch in den benachbarten Bereichen geschädigt wurde und an anderer Stelle erneut bricht. In jedem Fall aber, wird auf der Rückseite der Reparaturstelle eine Verstärkung angebracht werden müssen. Da die Flexteile, wie oben beschrieben nicht unbedingt einfach zu löten sind, werden sie, um die Verwendung von Loten zu erleichtern, vernickelt. Auf diese Weise haben die als antiallergisch hochgelobten Fassungen, paradoxerweise nur zu oft eine Nickeloberfläche. Neuerdings werden aber auch andere belötbare Coatings verwendet, so dass der EU - Norm genüge getan werden kann. So beschichtete Bauteile lassen sich denn auch problemlos mit Monel- oder Neusilberkomponenten verbinden. Einige sogen. Flex- Fassungen bestehen nicht selten aus einer Flexbrücke, zwei Augenrändern aus Messing, Monel oder Neusilber, Schliessblöcken aus Neusilber, Backen aus Messing, Scharnieren aus Messing, Neusilber oder Monel, und Bügeln oder Bügelteilen aus Flexmetall. Die Padhalter bestehen ebenfalls aus Monel oder Neusilber. Da diese Fassungen oft vergoldet sind, kommt es durch die Galvanischen Spannungsunterschiede zu den gefürchteten elektrolytischen Erscheinungen, kommt also noch Lochfraß und eine hohe Allergiegefahr hinzu. Besteht eine solche Fassung aus verschiedenen Materialien, ist einer der Problempunkte immer die Verbindung von Flexmetall (FGL) und Fremdmaterialien. Da sich dieses ähnlich wie Titanium verhält, also ebenfalls intermetallische Phasen bildet, ist ein bischen Zuviel oder Zuwenig beim Löten von äußerster Tragweite, denn hiervon hängt die Haltbarkeit der Lötstelle und damit die der ganzen Brille ab. Werden bei der Herstellung die erforderlichen Parameter nicht peinlichst genau eingehalten, kommt es unweigerlich zu Brüchen. Über deren Reparaturfähigkeit, gilt das Gleiche wie bereits oben ausgeführt. (Anm. Der Autor trägt seit längerer Zeit eine von ihm selbst reparierte Flex-Fassung, ohne jedes Problem). Noch eine Eigenart sei erwähnt: TiNi - Metalle sind empfindlich gegen bestimmte Chemikalien! Wer eine Fassung etwa in verdünnte, oder konzentrierte Salzsäure taucht, wird feststellen müssen, daß diese nach kürzester Zeit unter "Altersschwäche" leidet und zerbricht. Der Grund hierfür ist vermutlich eine Wasserstoffverunreinigung, welche zu einer ernstzunehmenden Versprödung führt. Zum Abbeizen, also unbedingt das richtige Mittel nehmen! Schlußwort: Flexfassungen haben einen hohen Gebrauchswert, ja sie sind bei manchen Sportarten geradezu unentbehrlich. Was sie nicht sind, sind Spielzeuge, die man nach Herzenslust verbiegen und verknoten kann. Jede unnötig vorgenommene Verformung, führt u.U. zu einem verfrühten Bruch. ...Und sollte es doch einmal geknackt haben und die Fassung kann nicht getauscht werden, vertrauen Sie dem besten Reparaturdienst den Sie kennen!
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